Von Michael Hauke
Ständig hören wir von steigenden Infektionszahlen. Diese Zahlen gehen auf stark steigende Testzahlen zurück. Inzwischen gab es fast genau 50 Millionen PCR-Tests – und es werden immer mehr.
In der sechsten Kalenderwoche (8. bis 14. Februar) wurden 1.060.602 Testungen durchgeführt. Danach stiegen die Testzahlen Woche für Woche an, bis sie in der 11. KW die Zahl von 1.352.448 erreicht hatten (Quelle: RKI, täglicher Lagebericht vom 24.03.21). Wie durch Zauberhand stieg der Inzidenzwert pünktlich zur Kanzlerin-Ministerpräsidenten-Konferenz auf über 100, das heißt: 0,1% der Menschen hatten in den vergangenen sieben Tagen einen positiven Test. 99,9% hatten nix. Reicht aus, um die Maßnahmen zu verlängern und zu verschärfen. Wie komme ich auf 0,1%? Hinter dem Inzidenzwert steckt ein Prozentanteil, eigentlich ein Promilleanteil. 100 Menschen von 100.000 sind eben 0,1%. Und wenn es in sieben Tagen 100 positive Tests auf 100.000 Einwohner gibt, haben wir eine Inzidenz von 100 – oder eben 0,1%. Mit der Inzidenz kann man winzig kleine Prozentsätzchen zu einer panikmachenden dreistelligen Zahl aufbauschen.
Das gelingt auch dadurch, dass es nur um absolute Zahlen geht. Nie wird ein Verhältnis genannt. Allerdings ist das Verhältnis zu der Zahl der Testungen elementar, um die Werte einordnen zu können. Rund dreihunderttausend Tests mehr müssen mehr positive Ergebnisse bringen. Durch die Masse der Selbsttests steigt am Ende auch die Zahl der PCR-Testungen – und zwar rasend schnell.
Das bedeutet aber auch, dass die Zahl der negativen Tests ständig steigt – und zwar um viel mehr als die der positiven! Nur spricht darüber keiner. Ich habe sie anhand der RKI-Zahlen ausgerechnet:
- KW: 992.720 negative Tests
- KW: 1.034.369 negative Tests
- KW: 1.098.327 negative Tests
- KW: 1.077.069 negative Tests
- KW: 1.189.942 negative Tests
- KW: 1.245.422 negative Tests
(Die Zahlen der 12. KW werden erst am 01.04.21 veröffentlicht.)
Wir sehen also, dass die negative Testergebnisse innerhalb der vergangenen sechs Wochen um 252.702 pro Woche zugenommen haben. Das geht auf die massiv gesteigerten Testungen zurück.Aber genauso ist es umgekehrt. Die Zahl der positiven Tests ist im selben Zeitraum um 39.708 gestiegen – und die Inzidenz damit auf über 100. Aber eben nicht durch Zauberhand, sondern durch stark forcierte Testungen. Man kann jeden Inzidenzwert herbeitesten und damit die Pandemie nicht enden lassen. Ein klassisches Beispiel ist der vor dem WM-Qualifikationsspiel am vergangenen Donnerstag positiv getestete Nationalspieler. Er hat – wie die allermeisten Positiven – keine Symptome. Spätestens dann muss doch immer der PCR-Test hinterfragt werden – und es nicht als selbstverständlich hingenommen werden, dass man eine schwere Atemwegserkrankung wie Corona ohne Symptome haben kann. Symptomlose sind nicht krank – und auch nicht ansteckend! (siehe WHO-Erklärung vom 01.06.20)
Mit der Auflistung der stark ansteigenden negativen Tests kann ich natürlich nicht beweisen, dass das Infektionsgeschehen abnimmt, aber umgekehrt liefern mehr positive Ergebnisse bei viel mehr Tests eben auch nicht den Beweis, dass es eine neue Welle gibt. Das könnten nur die Zahlen aus den Krankenhäusern, aber die sind auf niedrigem Niveau stabil.
Ich möchte Ihnen mit der explodierenden Zahl der negativen Tests zeigen, dass diese Werte nichts wert sind, wenn man sie nicht ins Verhältnis setzt. Keiner schreibt von 252.702 mehr negativen Tests und erklärt deswegen die Pandemie für beendet. Und wenn ich dann statt des Inzidenzwertes von 100 den bekannteren Wert nähme, dann heißt es: 0,1%. Eine Zahl, vor der keiner Angst hätte. Erst recht nicht, wenn man den Wert umdreht: 99,9% ohne Corona! Dazu kommt, dass in den Krankenhäusern weniger los ist als vor der Pandmie. Da könnte man doch glatt zu einer entspannten Haltung kommen.
Aber das ist nicht gewollt. Dann nimmt die Regierung doch lieber den Inzidenzwert, dessen Bedeutung nur die Allerwenigsten kennen. Dauernd verlängerte und verschärfte Maßnahmen könnte man mit einem Wert von 0,1% bei gleichzeitig „historisch niedriger Bettenauslastung“ (wörtliche Überschrift des Deutschen Ärzteblattes vom 12.03.21) jedenfalls nicht rechtfertigen.