Mein Name ist Jeannette Lindner, 56 Jahre, verheiratet und seit 22 Jahren Inhaberin der Werbeagentur „ja bitte!?“ in Pfaffendorf.
Seit 2020 steht mein Weltbild Kopf:
Ich, die jahrelange „links“-Anhängerin, Gründerin eines Kinderzentrums in Uganda, eine Frau, die für Toleranz, Solidarität, Empathie und vor allem gegen Rassismus steht, sowie bekennender St. Pauli Fan, wird auf einmal mit Nazis verglichen.
Nur weil man der Maskenpflicht und den schnellen Impfungen kritisch gegenübersteht, wird man in eine rechte Ecke geschoben. Aber aus welchem Grund? Keine einzige Partei, außer der AfD, hatte den Mut, die politischen Maßnahmen in Frage zu stellen, geschweige, dagegen anzukämpfen. Geht man für seine Zweifel auf die Straße, wird man als Spinner, Esoteriker, Aluhutträger oder Nazi betitelt. Politiker, Medien, Prominente, Freunde und sogar Familienangehörige reihen sich in den Reigen der Denunzianten ein. Ich war auf einmal „unsolidarisch, egoistisch und natürlich rechts“. Wo waren da ihre gelobten Werte der Demokratie? Eine Aufarbeitung der politischen Maßnahmen ist natürlich weiterhin von den Altparteien nicht erwünscht. „Wir haben es nicht besser gewusst“ muss da reichen.
Dann zum Thema „Frieden“, auch hier ist diese, meine Partei, für mich die große Enttäuschung. Um ein Friedensbanner mit der Aufschrift „Frieden schaffen ohne Waffen“ an meine Hauswand zu positionieren, erfordert es tatsächlich Mut. Auch hier wird man nicht etwa als „links“ identifiziert, denn es gibt keinen Aufschrei der „Friedensparteien“, keine Friedensmärsche, Banner oder mediale Statements. Man wird wieder eindeutig in die rechte Schublade gesteckt.
Auszug aus dem Parteiprogramm:
„Deutschland ist ein Einwanderungsland. Die Linke lehnt eine Migrations- und Integrationspolitik ab, die soziale und politische Rechte danach vergibt, ob Menschen für das Kapital als „nützlich“ oder „unnütz“ gelten. Wir wollen die soziale und politische Teilhabe für alle in Deutschland lebenden Menschen erreichen. Der Familiennachzug muss sowohl Kindern als auch gleich- und andersgeschlechtlichen Lebenspartnerinnen und -partnern sowie Familienangehörigen zweiten Grades möglich sein. Die Förderung der sprachlichen Entwicklung und die Förderung des Bildungserfolges sind wichtig, aber nicht ausreichend für die Integration. Wir wollen die strukturellen Diskriminierungen beim Zugang zu Bildung, zum Ausbildungs- und Arbeitsmarkt und zu sozialen Dienstleistungen beseitigen. Allen in Deutschland lebenden Menschen ist unabhängig von ihrem Aufenthaltsstatus eine Gesundheitsversorgung zu garantieren. Schutzsuchende dürfen nicht abgewiesen werden. Wir fordern offene Grenzen für alle Menschen.“ Auch hier widerstrebt es mir, diesem Programm zu folgen. Wo soll das hinführen? Ins gemeinsame Verderben? Wir können nicht die ganze Welt retten. Irgendwann sind auch unsere Ressourcen erschöpft.
Ja, die Werte: Solidarität, Toleranz, Gerechtigkeit, Antirassismus können hier auch herrlich benutzt und ins Unendliche ausgeweitet werden. Alle Kritiker besitzen diese Werte dann eben nicht. Und jetzt geht es auch dem neugegründetem „BSW“ so. Wendet man sich von der Linkspartei ab, ist man in der Zwickmühle. Mit der AfD will man nicht, obwohl die meisten inhaltlich wichtigen Punkte konform gehen. Dann macht man wieder Wischiwaschi-Kompromisse und alles bleibt beim Alten. Hauptsache man hat es in die Regierung geschafft.
Ich wünsche mir eine neue Gesetzgebung für Parteiwahlen.
Nach einem Jahr müssen die Regierungsparteien 75% ihrer Wahlversprechen bzw. ihres Wahlprogrammes eingehalten bzw. in die Wege geleitet haben. Ansonsten gibt es Neuwahlen. Politiker müssen endlich in die Haftung genommen werden. Doch dies wird niemand beschließen, denn wer schneidet sich ins eigene Fleisch. Sobald man die Wahl hinter sich hat, werden natürlich erst einmal die Diäten angepasst, ist doch klar.
Nur, wen ich jetzt wählen soll, ist mir nicht klar.
Man wählt CDU und bekommt SPD und Die Grünen kostenlos dazu. Man wählt AfD und weiß, man bekommt die AfD auf gar keinen Fall. Die Wahlentscheidung liegt nicht mehr wirklich beim Volk.
Jeannette Lindner
Warum ich nicht mehr links wähle oder: Warum ich links denke und rechts wähle
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