Von Jan Knaupp

In sieben Wochen ist Weihnachten. Jetzt sind Sie platt, diese Nachricht hat auch Sie kalt erwischt. Oder? Sie können das ruhig zugeben. Ich bin da auch ganz ehrlich. Mich erwischen alle Termine, die nicht in einem überschaubaren 7-Tage-Rhythmus eingetaktet werden können, generell kalt. Das bedeutet, ich bin in Sachen gehirnspeichernde Datenerfassung fast vollkommen überfordert.
Vergesslichkeit ist eine unangenehme Sache, denn der Rattenschwanz des Vergessens kann furchtbar sein. Erst recht, wenn diese Problematik hauptsächlich in den privaten Sektor fällt. Entweder ist das nähere Umfeld oder aber man selbst betroffen. Ich bin wirklich erstaunt und erfreut, dass ich immer noch einen Bekanntenkreis habe, datierte Geburtstage sind alljährliche Härteprüfungen für mich. Ich fände es viel besser, wenn man nach Jahreszeiten gratulieren könnte.
Also quasi: die Uschi hat im Winter Geburtstag, der Ulf dann im Sommer. Stattdessen gibt es nur einen einzigen Tag pro Person im Jahr – und gerade den soll ich mir nun merken. Es wäre ja kein Problem, wenn hier nur ein bis zwei Stammdaten angelegt werden müssten, aber allein die Verwandtschaft sprengt diesen Rahmen schon. Bei der Dunstkreisverwandtschaft besteht noch die Möglichkeit, aus spezifischen Vorab-Aktivitäten auf eine kommende Festlichkeit zu schließen. Bei familiären Verstrickungen, deren Stricke aber weitreichender sind, wird es schon kritisch. Wenn nicht im Vorfeld irgend ein Hinweis, z.B. in Form einer Einladung bzw. einer Geschenkbeteiligungsaufforderung, bei mir eintrifft, habe ich eigentlich schon verloren. Ich weiß es nur noch nicht.
Dann kommen die Freunde, von denen man bekanntlich nicht genug haben kann. Bis jetzt habe ich noch welche, aber wer weiß, wie lange das anhält. Viele von diesen armen, von mir vergessenen Geschöpfen, hoffen mittlerweile nur noch auf meinen nachträglichen Entschuldigungsanruf. Um diese Peinlichkeit aufzulockern, behaupte ich dann immer, dass ich mich nur für sie mit der Gratulation zurückgehalten habe. Ich erkläre dann, dass an diesem bestimmten Datum fast die ganze Welt gratulieren möchte, das würde ja gerade an so einem Jubiläum nur stressen. Und es wäre es doch eine überraschende Freude, dass ich mir meinen telefonischen Blumenstrauß für etwas später aufgehoben habe. Vollkommen beabsichtigt natürlich.
Ich weiß jetzt nicht genau, ob diese Ausrede immer glaubhaft erschien, aber nach diesem „So gesehen“ muss ich mir wohl eh einen neuen Peinlichkeitsüberbrücker ersinnen.
Also um Ihr Mitleid mit den von mir vergessenen Personen etwas abzuschwächen – ich bin auf dem besten Wege, dieses offenkundige Defizit auszumerzen. Ja, auch ich habe die Vorzüge der Datenübertragung erkannt. In meinem speziellen Fall übertrage ich die Daten an eine mit meinen Mängeln vertraute Person, die diese dann an mich zurück …
Nee, das ist falsch ausgedrückt. Also nochmal von vorn. Da mir leider keine Speicherkapazität für benannte Daten gegeben ist, musste eine mit meinen Mängeln vertraute Person, mit äußerster Sorgfalt und größter Genauigkeit, diese Daten lokalisieren und dokumentieren. Das zwölfblättrige Dokument, welches diese Daten Tag für Tag, Woche für Woche und Monat für Monat terminlich spezifiziert, hängt bei uns gleich neben der Küchentür. Es trägt das Inhaltsverzeichnis schon in der Bezeichnung, man nennt es schlicht und einfach „Geburtstagskalender“. Eigentlich dürfte mir, durch dieses Wunderwerk der handschriftlichen Datenerfassung, kein Datum mehr entgehen, ich müsste generell immer der erste Gratulant sein und man würde mich für meine überpünktlichen Glückwünsche bewundern – wenn ich nicht vergessen würde, auf diesen Kalender zu schauen.
Da dies aber so ist, bleibt die Moral von der Geschicht‘: „Ist das Stübchen oben dicht, da hilft auch ein Kalender nicht!“

Moment mal, ich wollte doch eigentlich über das bevorstehende Weihnachtsfest schreiben. Die Sache mit meiner Vergesslichkeit ist wohl doch bedenklicher als ich dachte. Nun gut, schnell noch was zum eigentlichen Thema: Vorfreude, schönste Freude. Bald nun ist Weihnachtszeit. Oh Tannenbaum, oh Tannenbaum. Fertig.

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