Die Migrationskrise stellt nach wie vor eine extreme Belastung für Bund, Länder und Kommunen dar. Diese Belastung betrifft das BAMF, die Bundespolizei, die Erstaufnahmeeinrichtungen und die Verwaltungsgerichte in den Ländern sowie die Kommunen im Zusammenhang mit der Unterbringung der Menschen und der Bearbeitung der Asylverfahren bei den Ausländerbehörden. Durch die Einführung der Grenzkontrollen an allen Landgrenzen konnte bereits eine deutliche Reduzierung der Feststellungen von unerlaubten Einreisen in die Bundesrepublik Deutschland erreicht werden, in deren Folge auch die Asyl-Erstanträge rückläufig sind. Dennoch befinden sich die Zahlen im Vergleich zum Jahr 2012 auf einem vergleichbar hohen Niveau.
Um langfristig eine dauerhafte Entlastung zu erfahren, müssen dringend weitere Maßnahmen folgen. Ziel muss es sein, die legale Zuwanderung in den Arbeitsmarkt zu fördern und die illegale Migration in die Sozialsysteme zu verhindern.
1. Konsequente Zurückweisungen an den Binnengrenzen aufrechterhalten und ausweiten
Derzeit weist die Bundespolizei lediglich diejenigen an den Binnengrenzen zurück, die versuchen unerlaubt ins Bundesgebiet einzureisen und mit einer Wiedereinreisesperre belegt sind oder kein Schutzersuchen stellen. Wie bereits in den Sondierungsgesprächen diskutiert, sollte eine Zurückweisung auch dann erfolgen, wenn die unerlaubte Einreise aus einem anderen EU- oder sicheren Drittstaat (Schweiz) erfolgt, obwohl bei der Grenzkontrolle ein Schutzersuchen geäußert wird. Auf die Zustimmung des Anrainerstaates darf es in diesem Fall nicht ankommen, da die Personen noch nicht nach Deutschland eingereist sind. Anders sieht es aus bei sogenannten Zurückschiebungen.
Hierzu existieren bereits Rückübernahmeabkommen mit sämtlichen Anrainerstaaten, die die entsprechenden Verfahren einvernehmlich regeln. Diese Rückübernahmeabkommen existieren bereits und deren Abschlüsse reichen teilweise weit in die Zeit vor dem Jahr 2006 zurück.
2. Deutliche Reduzierung der sogenannten Pull-Faktoren
Das hohe Niveau für die Versorgung und Unterbringung von Migranten in Deutschland für die Arbeitsgruppen Innen und Justiz der aktuellen Koalitionsverhandlungen sorgt dafür, dass das Fluchtziel vieler in Europa ankommender Menschen Deutschland ist. Die Praxis zeigt, dass nach wie vor sehr viele Menschen unregistriert an den deutschen Binnengrenzen ankommen und hier erstmalig ihr Schutzersuchen stellen.
Auch die Anzahl der sogenannten Dublin-Fälle ist nach wie vor hoch. Deutschland sollte diese Pull-Faktoren drastisch reduzieren, um eine Weiterreise nach Deutschland aus rein wirtschaftlichen Gründen möglichst unattraktiv zu machen. Das OVG Münster hat in einem Beschluss vom 26. Januar 2021 (Az. 11 A 1564/20.A) den Mindeststandard für die Unterbringung von Menschen festgelegt. In diesem sog. „Bett-Brot-Seife“ Urteil wurde die Dublin-Rückführung nach Griechenland zunächst ausgesetzt, da diese elementaren Bedürfnisse in Griechenland nicht erfüllt seien. Unter Berücksichtigung des Urteils vom Bundesverfassungsgericht zum Existenzminimum sollte eine Unterbringung von Asylbewerbern nur noch in Gemeinschaftsunterkünften unter Verzicht auf jedwede Geldleistungen erfolgen. Auch sollten Asylbewerber bereits bei der Antragstellung nachweisen müssen, dass die Einreise nach Deutschland auf dem direkten Wege erfolgte. Kann dieser Nachweis nicht erbracht werden, sollte ein Asylantrag wegen offensichtlicher Unzulässigkeit ohne weitere Prüfung abgelehnt werden können.
3. Förderung freiwilliger Ausreisen durch finanzielle Anreize
Mit Blick auf die Entwicklungen in Syrien und Afghanistan sollte die künftige Bundesregierung ein Unterstützungsprogramm für freiwillige Rückkehrer auflegen. Durch entsprechende finanzielle Anreize könnten kostspielige Abschiebungen entfallen. Des Weiteren werden diese Menschen dringend zum Aufbau der größtenteils zerstörten Infrastruktur in den Heimatländern benötigt.
4. Konsequente Rückführungen und Abschiebungen
Menschen ohne Bleiberecht in Deutschland sind unverzüglich abzuschieben. Erst recht, wenn es sich um Straftäter oder Gefährder handelt. Die Bundespolizei könnte mit einer Zuständigkeitserweiterung im § 71 AufenthG maßgeblich zum Gelingen eines solchen Zieles beitragen. Sollten humanitäre Gründe einer Abschiebung ins Herkunftsland entgegenstehen, dürfen diese Personen nicht oder nur unter strengen Meldeauflagen auf freiem Fuß bleiben. Da die Anzahl der zur Verfügung stehenden Abschiebehaftplätze derzeit bei weitem nicht dem entspricht, was eigentlich benötigt wird, käme eine Unterbringung in separaten Gemeinschaftsunterkünften in Betracht.
Diese „Ankerzentren Plus“ könnten besonders gesichert sein und die Bewohner mit strengen Meldeauflagen verpflichtet werden, sich in diesen Einrichtungen aufzuhalten. Dadurch hätten die Behörden jederzeit Zugriff auf diese Personen. Jedwede Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz sind in diesen Fällen einzustellen. Wird die Abschiebung angekündigt, darf es keinen staatlichen Rechtsschutz mehr geben. Der entsprechende Passus aus dem von der Ampelregierung beschlossenem Rückführungsverbesserungsgesetz ist zu streichen.
5. Schaffung eines „Greencard-Systems“ welches die Zuwanderung in den Arbeitsmarkt fördert und entsprechende Anreize schafft
Der deutsche Arbeitsmarkt braucht dringend Arbeitskräfte. Jeder Mensch, der seine Arbeitskraft zur Verfügung stellt, trägt einen Teil zu unserem Wohlstand bei. Deshalb ist es sinnvoll, weltweit um solche Arbeitskräfte zu werben. Andere große Industrienationen, wie beispielsweise die USA, Kanada oder Australien praktizieren dieses seit Jahrzehnten mit großem Erfolg. Entscheidend für das Gelingen eines solchen Systems ist eine deutliche Trennung von Zuwanderung und Migration.
Zuwanderung in den Arbeitsmarkt lässt sich steuern und ggf. auch begrenzen. Migration hingegen lässt sich kaum steuern oder begrenzen. Ein sogenannter „Spurwechsel“, der es unter bestimmten Voraussetzungen zulässt, dass illegale Migration zur Zuwanderung führt, halten wir für fragwürdig. Der von der Ampelregierung ins AufenthG eingeführte Paragraf 104c (Chancen-Aufenthaltsrecht) sollte umgehend wieder gestrichen werden, da diese Vorschrift größtenteils Abschiebungen verhindert und eben gerade nicht zu einem Zugewinn im Arbeitsmarkt führt.
6. Schaffung einer gesonderten Gerichtsbarkeit für die Entscheidung über Widersprüche gegen die Ablehnung von Asylanträgen
Derzeit sind die Verwaltungsgerichte zuständig für Entscheidungen über Widersprüche gegen ablehnende Bescheide zum Asylbegehren. Die Anzahl dieser Verfahren führt zu einer erheblichen Belastung bei den Verwaltungsgerichten. Dieses hat zur Folge, dass nicht nur Entscheidungen über Asylanträge, sondern auch andere verwaltungsgerichtliche Verfahren unverhältnismäßig lange dauern. Aus diesem Grunde schlagen wir vor, eine separate gerichtliche Instanz zu schaffen, die ausschließlich für Entscheidungen im Asylrecht zuständig sind. In einer solchen separaten Gerichtsbarkeit könnten dann auch die Rechtsschutzinstanzen reduziert werden, um eine weitere Beschleunigung der Asylentscheidungen zu erreichen.
Fazit
Eine solche Kehrtwende in der Asylpolitik würde ungefähr dem System unserer nördlichen Nachbarn in Skandinavien entsprechen. Dänemark hat mit seiner Asylwende im Jahr 2017 große Erfolge erzielt und die illegale Migration nach Dänemark erfolgreich reduziert. Zur Umsetzung eines solchen Systemwechsels bedarf es selbstverständlich einiger Investitionen in Technik und Personal bei den maßgeblich beteiligten Behörden. Die Bundespolizei hat in den vergangenen Jahren im Vollzugsbereich bereits eine erhebliche Verstärkung erfahren. Leider ist die Verwaltung in der Bundespolizei nicht annähernd mitgewachsen. Das führt dazu, dass immer mehr Polizeivollzugsbeamte mit Verwaltungs- oder vollzugsfremden Aufgaben betraut werden müssen. Aus diesem Grund haben wir bereits mehrfach die Einstellung von mindestens 3.000 zusätzlichen Tarifbeschäftigten gefordert, in deren Folge eine für die Arbeitsgruppen Innen und Justiz der aktuellen Koalitionsverhandlungen ganz erhebliche Anzahl von Polizeivollzugsbeamten wieder für „echte“ hoheitliche Maßnahmen zur Verfügung stünden.
Auch gilt es, die Aufgaben und Befugnisse in einem neuen und vor allem modernen Bundespolizeigesetz anzupacken. Dabei ist es wichtig, dass den Kolleginnen und Kollegen das dringend notwendige Vertrauen ausgesprochen wird. Die Verpflichtung zum Ausstellen von Kontrollquittungen oder eine Kennzeichnungspflicht bewirken eher das Gegenteil. Gleiches gilt für das Gesetz über einen Polizeibeauftragten des Bundes oder das neue Bundesdisziplinargesetz. Hierzu hatten wir Sie bereits in der Vergangenheit separat beteiligt und entsprechend in den jeweiligen Anhörungen Stellung bezogen.
Auch im Bereich der Technik braucht es einen erheblichen Investitionsschub.
Moderne Kommunikations- und Videotechnik sind der Schlüssel für eine moderne und erfolgreiche Kriminalitätsbekämpfung und eine wirksame Gefahrenabwehr. Unklare gesetzliche Regelungen und Befugnisse im Zusammenhang mit der militärischen und zivilen Drohnenabwehr gehören klar und eindeutig geregelt. Hier geht es sowohl um den Einsatz von Drohnen aber auch um die Abwehr von Drohnenangriffen. Die Bundespolizei hat für den Einsatz solcher Technik bereits schlüssige Konzepte vorgelegt, die nunmehr zügig umgesetzt werden müssen.
Abschließend erlaube ich mir den Hinweis, dass es absolute Priorität haben muss, unsere Bundesbereitschaftspolizei mittelfristig aus den Grenzeinsätzen herauszulösen, damit diese flexiblen Kräfte für anderweitige Unterstützungen wieder vollumfänglich zur Verfügung stehen. Jede Maßnahme, die dazu führt, die illegale Migration nach Deutschland weiter zu reduzieren, ist eine gute Maßnahme und wird zu einer Entlastung der Kolleginnen und Kollegen der Bundespolizei führen.
Positionspapier für die Arbeitsgruppen Innen und Justitz der aktuellen Koalitionsverhandlungen
DPolG Bundespolizeigewerkschaft, www.dpolg-bundespolizei.de
Positionspapier der Bundespolizeigewerkschaft zum Thema „Migrationskrise“
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