von Jan Knaupp

Im Volksmund gibt es den Spruch: „Schadenfreude ist die schönste Freude, denn sie kommt von Herzen.“
Ich gebe offen zu, ich neige ab und zu zur Schadenfreude – und mir geht es nicht schlecht dabei. Ich habe dann kein Mitgefühl – eher dominiert in diesen Momenten die Genugtuung über die Schmach der jeweiligen Betroffenen.
Verstehen Sie mich nicht falsch, mir liegt es wirklich fern, boshafte Freude zu empfinden oder gar zu lachen, wenn Menschen ein peinliches Missgeschick oder etwas Beschämendes widerfährt. Das liegt nicht in meinem Wesen. Und trotzdem genieße ich die „große Blamage“, wenn es für mein Empfinden endlich mal die Richtigen trifft. Daher fiebere ich jeglichen Wahlterminen in Deutschland entgegen. So ein Wahlsonntag ist für mich etwas ganz Besonderes. Aber nicht nur, weil ich an diesem Tag mein Wahlrecht nutze, ich freue mich auch wie verrückt auf meine ganz persönliche Wahl-Aftershowparty. Sie müssen sich vorstellen, ich bereite mich auf den Abend des Wahltages so vor, wie ein Fußballfan auf die TV-Übertragung eines bedeutsamen Deutschlandspiels.
Tage vorher mache ich mir schon Gedanken, wie ich den Wahlabend kulinarisch gestalte. Im Hinblick auf die Parteienvielfalt wäre ein farbenfreudiges Büfett wohl passend. Aber magen-darmtechnisch und aus politischer Sicht verträgt sich der ROTe-Bete-Auflauf nicht mit dem BLAUschimmelkäse, der GRÜNkohl passt nicht zu den Aromen der gedünsteten SCHWARZwurzeln und geschmacklich hat der GELBe Rübeneintopf seine beste Zeit auch längst hinter sich. Daher tendiere ich meist zur klassischen unpolitischen Bratwurst mit Senf und Brötchen. Auch bei den Getränken bin ich eher unproblematisch: Bier reicht. Also Fernseher an, rauf auf die Couch, der Spaß kann beginnen.
Je näher die Aftershowparty rückt, umso größer wird dann meine Vorfreude. Die Wahlprognosen und aktuellen Berichte aus den Wahlstudios heizen die Stimmung in meinem privaten Wahl-Stadion an. Dann ist es soweit, der Drops ist gelutscht, das Runde ist im Eckigen, rien ne va plus – nichts geht mehr, die Wahlergebnisse stehen fest!
Und jetzt kommt das, worauf ich so lange gewartet habe. Ich gebe zu, ich empfinde eine spezielle Freude, wenn mit Bekanntgabe der Wahlergebnisse plötzlich ein bedrücktes Schweigen von den Wahlpartys der gerade noch siegessicheren Parteien über den Bildschirm gesendet wird. Hatte man sich eben noch über die überhebliche Selbstdarstellung einiger Kandidaten und Parteimitglieder gewundert, so schaut man jetzt in ihre ungläubigen und fassungslosen Gesichter. Erste Pressestatements der Wahlverlierer unterstreichen das Unverständnis der aktuellen Lage, sie drehen und winden sich, zum jetzigen Zeitpunkt könne und möchte man noch keine Aussagen zum eklatanten Wählerverlust treffen.
In den TV-Wahlstudios laufen derweil die Moderatoren heiß, die ersten Analysen der Wahlergebnisse werden präsentiert, die parteilichen Führungskräfte werden als Interviewpartner angekündigt. Den Wahlgewinnern und ihrem Jubel höre ich ab diesem Zeitpunkt kaum noch zu, da habe ich endlich Zeit für eine Pinkelpause. Da Gewinner meist vom Versagen der Verlierer profitieren, interessieren mich erstmal die Verlautbarungen der Gescheiterten. Und das kann überaus amüsant sein. Mit hervorragenden schauspielerischen Leistungen in tragischer Mimik und Gestik bekennen sie sich selbst zur verlorenen Wahl, zeigen sich enttäuscht und etwas reumütig.
Demütig erklären sie der Öffentlichkeit, dass diese Wahl ihnen aufgezeigt hätte, dass sie Fehler in der Kommunikation mit den Wählern gemacht hätten, dass sie ihre gute Politik besser und verständlicher hätten erklären müssen. Sie machen aber auch gleich klar, dass ihr politischer Kampfgeist und der starke Führungswille ungebrochen ist. Und an dieser Stelle bin ich dann immer wieder erstaunt. Keine Spur von realer Selbstreflexion. Keine Verlautbarung darüber, dass ihre politischen Entscheidungen und ihr Handeln der letzten Jahre sie zu diesen Wahlverlierern gemacht haben. Kein Wort davon, dass der Wähler die aktuelle Politik der Zerstörung von Wohlstand, Wirtschaft und Sicherheit in Deutschland nicht mehr toleriert und deshalb gezielt abstraft.
Nicht Kommunikationsfehler sind das Problem, das Problem ist die Ignoranz und Überheblichkeit der Politik gegenüber dem Willen des eigenen Volkes. Und damit bin ich wieder am Anfang meiner Kolumne. Nach der Wahlklatsche ist vor der Wahlklatsche.Und damit bin ich wieder am Anfang meiner Kolumne. Nach der Wahlklatsche ist vor der Wahlklatsche.

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