von Jan Knaupp
Wenn Sie denken, ich schreibe heute etwas über die aktuellen Trendthemen wie Affenpocken, Antisemitismus auf der Documenta oder Russlands gedrosselte Gaslieferungen, dann haben Sie falsch gedacht. Als ob es keine anderen Themen gäbe. Obwohl – ich bin schon erstaunt, wie sehr sich unser Wirtschaftsminister Habeck über Russlands Reduzierung der Gaslieferung empört. Dabei war er es doch, der bereits im März dieses Jahres angekündigte, dass er die russischen Öl- und Gasimporte stark reduzieren wolle. Außenministerin Baerbock propagierte im April, während ihres Besuches im Baltikum, sogar: „Deshalb sage ich hier klar und deutlich: Ja, auch Deutschland lässt die russischen Energieimporte komplett auslaufen.“ Haben unsere Vorzeige-Grünen denn wirklich geglaubt, dass so ein überlautes Embargogetöse ohne Folgen bleibt? Jetzt dreht der Russe am Energiehahn, und Habeck spricht von einem Wirtschaftskrieg gegen Deutschland. Dabei macht der Russe doch nur das, was Annalena und Robert längst auf ihrer Agenda hatten – Deutschland weg von russischer Energie. Blinder Aktionismus hat eben Konsequenzen.
Aber das ist heute nicht mein Thema, ich habe da ganz andere Probleme. So gibt es eine Sache, die mir gerade den Schlaf raubt und mich zum aggressiven Schläger macht. Wie, Sie wollen wissen, wer mich so zur Weißglut bringt? Die Mücken! Ja wirklich, die kleinste Mücke macht mich fertig. Tagsüber sind mir die Biester vollkommen egal. Aber des Nachts liege ich angsterfüllt auf meinem Nachtlager und harre in düsterer Vorahnung auf den gezielten Angriff. Doch das Mückengetier ist clever. Es wartet, bis ich eingedöst bin. Wenn dann aber meine Augenlider zu schwer geworden sind, schmeißt sie langsam ihren Motor an und verlässt ihren Truppenstützpunkt in Richtung wehrloses Opfer. Im Unterbewusstsein höre ich die fliegende Bedrohung mit ihrem feinen, entschlossenen Surren herannahen.
Doch im Schlafestaumel bin ich dem Aggressor ausgeliefert. Dann passiert es. Der erste Stich, ganz leise, eigentlich nur angestochen. Ein Aufschrecken, Nachtischlampe an, Wunde inspizieren, Wände absuchen. Wo bist du Miststück? Mit einem als Schlaginstrument auserkorenen Kleidungsstück schleiche ich durch das Schlafgemach. Immer bereit, bei Feindberührung alle Skrupel zu verlieren und erbarmungslos zu töten. Meist ohne Erfolg. Die Mücke ist mir kampf- und tarntechnisch überlegen. Sie sitzt in Startposition – und wartet auf ihrer Heimatbasis, bis ich meine kriegerische Absicht mit dem Abschalten der Nachtischlampe erst einmal eingestellt habe.
Doch jetzt ist die Nacht nicht mehr wie vorher. Mit dem Wissen, dass dieser blutrünstige Feind sich meines Körpers bemächtigen will, kann ich nicht umgehen. Ich ziehe mir die Decke bis zu den Augenbrauen und bemerke dabei nicht, dass meine Füße freiliegen. Doch das hat die Mücke längst bemerkt. Und genau jetzt hat sie ihr neues Angriffsziel. Stich. Dann meine Hand, dann mein Ohr. Ich bin mittlerweile so eingemummelt, dass ich kaum noch atmen kann und mir der Schweiß in den Augen brennt. Ich gebe auf. Ich bin zu müde, und mir ist furchtbar warm in meinem Versteck.
Doch der Gegner kennt kein Mitleid. Er lässt erst von mir ab, nachdem ich ausgelaugt und angesaugt in einen lethargischen Tiefschlaf versinke. Meist ist die Nacht dann nur noch kurz. Morgens, nach zerknirschtem Erwachen, stelle ich mir dann die Frage aller Opfer: „Warum ich?“. Es könnten wahrscheinlich zwanzig halbnackte Menschen mit mir in einem Zimmer liegen und ich hätte einen alten NVA-Schutzanzug an, bei dem nur die Nasenspitze unbedeckt wäre – genau diese freie Stelle wäre das Ziel des juckenden Terroraktes. Die zwanzig anderen potentiellen Blutspender würden ohne Stichattacken durchschlafen.
Doch jetzt beende ich meinen Krisenbericht. Ich habe schließlich noch andere Dinge zu erledigen. Sonntag der 31.07.22, 2:48 Uhr mitteleuropäischer Zeit, und ich befinde mich direkt auf dem Kampfplatz. Ich befinde mich mitten in der Schlacht!