– Ein Kommentar von Michael Hauke–
„Es muss ja nicht heißen, dass ich unbedingt der größte Verfechter von Demokratie bin. Bin ich nicht! Sag ich auch nicht. Nö!“ Diese Sätze sprach der Grünheider Bürgermeister Arne Christiani im holländischen Fernsehen. Auf die Proteste gegen die Tesla-Ansiedlung angesprochen, machte Christiani seine Grundeinstellung zur Demokratie deutlich.
Der verdutzte Reporter fragt auf Deutsch nach: „Als Bürgermeister nicht?“ Christiani gibt sich keine Mühe, seine Ablehnung der Demokratie zu relativieren und legt nach: „Ich muss nach den Spielregeln spielen, das ist richtig, aber deswegen muss ich ja nicht der Verfechter dieser Methode sein!
“Nicht erst seit dem Bau der Tesla-Fabrik haben Bürger und Opposition den Eindruck, dass Christiani nicht nach demokratischen Grundsätzen verfährt, sondern nach Gutsherrenart regiert. Getragen wird er dabei von einem Parteienbündnis, das – wie so oft – von CDU bis Linke reicht.
Seine offen vorgetragene Ablehnung der demokratischen Regeln empfinden kritische Bürger als Bestätigung seines jahrelangen bis ins Autoritäre gehenden Handelns, das seit der Diskussion um Tesla allerdings einem breiteren Kreis von Menschen deutlich wurde.
Erst dann bekamen mehr Menschen den Regierungsstil von Arne Christiani mit. Sein Umgang mit Einwendungen gegen die riesige Industrieansiedlung im Wald und im Trinkwasserschutzgebiet empfanden viele als unsäglich bis brüskierend. Gegenargumente seiner Bürger wischte Arne Christiani von Anfang an vom Tisch. Eine ehrliche Diskussion zu dem gigantischen Projekt, insbesondere über die Auswirkungen auf die Trinkwasserversorgung, wurde nicht nur von Christiani, aber eben zuvorderst von ihm, unterbunden, wo es nur ging. Mit einem demokratischen Willensbildungsprozess hat das nichts zu tun.
Ein Bürgermeister, der um seine antidemokratische Einstellung nicht herumredet, ist für Bürgersorgen auch der falsche Ansprechpartner. Was sich seit Jahren wie ein roter Faden durch seine Amtszeiten zieht, wird durch Tesla einer größeren Öffentlichkeit zugänglich. Vorher hatten sich ja nur wenige mit der Grünheider Kommunalpolitik beschäftigt.
Wie sehr er seinen selbstherrlichen Arbeitsstil inzwischen verinnerlicht hat, wird in dem Film deutlich. Er gibt sich gar keine Mühe, seine Worte zu relativieren.
Die ihn unterstützenden Parteien versuchen, den Eindruck zu erwecken, die Worte seien aus dem Zusammenhang gerissen. Wer den holländischen Fernsehbeitrag gesehen hat weiß, dass das vorn und hinten nicht stimmt. Unter diesem Kommentar finden Sie den Link zu dem Video, um sich selbst ein Bild machen zu können.
In Bezug auf Demokratie hat Arne Christiani durch dieses Interview jede Rest-Glaubwürdigkeit verloren. Ob ihn das wirklich das Amt kostet, ist fraglich. Die Unterstützungsfront im Gemeindeparlament ist groß. Außer Bürgerbündnis und AfD hat Christiani alle hinter sich. Das wurde bei der Hauptausschusssitzung einen Tag nach Bekanntwerden des Interviews klar. Auf Verlangen des Bürgerbündnisses sollte er sich vor der Gemeindevertretung erklären, was Christiani jedoch verweigerte. Auf Vorschlag der Linken wurde ihm ermöglicht, das im nicht-öffentlichen Teil der Sitzung zu tun. Hier ist die Öffentlichkeit ausgeschlossen. Was jeden Bürger angeht, wurde hinter verschlossenen Türen besprochen. Alle Parteien außer Bürgerbündnis und AfD stimmten dafür.
Die diesem Antrag zustimmenden Parteien haben damit gezeigt, dass sie mit ihrem eigenen Demokratieverständnis nicht weit entfernt sind von dem des Bürgermeisters: „Ich bin nicht der größte Verfechter von Demokratie. Bin ich nicht! Nö!“ Ob der vom Bürgerbündnis für den nächsten Hauptausschuss angekündigte Antrag auf Abwahl des Bürgermeisters durch die Bürger bei den anderen Parteien eine Mehrheit findet, ist unwahrscheinlich. Ihr Argument wird sein, dass man doch mitten im Rennen nicht die Pferde wechseln könne. Es stehe doch so viel auf dem Spiel!
Es steht tatsächlich viel auf dem Spiel, nicht weniger als das Vertrauen in die Demokratie, das viele Bürger sowieso immer mehr verlieren.
Aber auch für Elon Musk und sein gigantisches Projekt steht viel auf dem Spiel. Für den Investor ist ein Mann mit diesen klaren Positionen zur Bürgerbeteiligung und Demokratie der ideale Partner. Wo der Bürger nichts zu melden hat, hat der Investor freie Bahn. Wo niemand auch nur einen Carport hätte hinstellen dürfen, steht nun die größte Autofabrik Europas.
Für Christiani selbst dürfte ein Rücktritt außerhalb seiner Vorstellungskraft liegen. Tesla soll um jeden Preis die Krönung seiner Laufbahn werden. Außerdem ist die Ablehnung der Demokratie doch kein Rücktrittsgrund. Wo kämen wir denn da hin?
Wenn Sie den Beitrag aus dem niederländischen Fernsehen selbst sehen möchten, können Sie das unter diesem Link tun: https://eenvandaag.avrotros.nl/item/hier-wordt-de-grootste-tesla-fabriek-ter-wereld-gebouwd-ondanks-veel-verzet-van-bewoners/