von Jan Knaupp

Nein, ich spinne nicht, der Trend geht zum Zweithaar. Das habe ich in einem Magazin gelesen. Sie wissen schon, diese bunten Heftchen, die frei in Wartezimmern von Arztpraxen oder beim Friseur ausliegen – und trotzdem nie geklaut werden.
Ich dachte natürlich erst, dass dieser Artikel Menschen ansprechen soll, die ihr Haar durch erblich- oder krankheitsbedingten Haarausfall verloren haben. Doch weit gefehlt, beim Anlesen musste ich erkennen, dass es hier um eine modische Richtung ging. Wie schon erwähnt, der Trend geht wohl zum Zweithaar. Im Barock und in den 70er Jahren war das ja ein absolutes Muss. Da hatte man zu verschiedenen Gelegenheiten auch verschiedene Perücken. Wenn einem also die alte Frisur für den kommenden Anlass unpassend erschien, so setzte man sich eben eine passendere Frisur auf. Und genau dieser Trend kommt wohl wieder. Wer hier nicht schnell reagiert, der ist schon bald so neben der Spur, dass er sich eigentlich nicht mehr auf die Straße wagen kann. Na gut, so krass stand es nicht geschrieben, aber zwischen den Zeilen…
Jetzt wusste ich also, worum es ging, aber ich wusste noch nicht, warum der Trend dorthin geht. Beim Weiterlesen gab‘s die Antwort. Mir persönlich war die Brisanz dieser Thematik vorher nicht bewusst, aber im Nachhinein erschien mir einiges klarer. Ich dachte immer, dass mich mein morgendliches Knirschgesicht auf ein gewisses Schlafdefizit hinzuweisen versucht. Doch darum geht es gar nicht. Es geht hier um mein Haupthaar. Ich fühle mich nicht wohl. Tagein, tagaus immer das gleiche, das will ich nicht mehr. So stand es geschrieben. Ich will einfach mal was Neues probieren. Wie oft habe ich mich schon geärgert, wenn das Haar mal wieder nicht zu bändigen war. Hab ich das? Oft wäre ich im Stress, hätte keine Zeit, um mir die Haare zu machen. So schlimm ist das auch wieder nicht. Dann möchte ich immer wieder ausbrechen, auch mal flippig sein, verführerisch, sexy, vielleicht auch mal bieder oder auch verrucht. Wie jetzt, ich? Mit der Perücke als modisches Accessoires kann auch ich ein Star sein, kann auch ich im Rampenlicht stehen. Mit der Trendperücke wäre alles möglich. Und was gibt es schöneres, als mit vollem, schönem und glänzendem Haar die Blicke der Männer auf mich zu ziehen!
Bitte was? Moment mal, ich soll die Blicke der Männer…? Was ist das denn für ein Bockmist? Wollen die mich verar…? Mein erschrockener Blick auf das Titelbild offenbarte Schreckliches – ein Frauenmagazin! So eine blöde Perückenwerbung – und ich hätte mir fast so einen Trend-Fiffy gekauft. Ich hoffe, Sie können schweigen, das muss ja nicht gleich jeder wissen.
Ich habe übrigens einen echten Geheimtipp für Sie. Der Trend geht zum Zweithirn. Aber nur für Kerle, die in einer einschlägigen Frauenzeitschrift lesen.

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