von Jan Knaupp

War es das nun mit dem Winter, oder kommt da noch was? Ich frage hier aus einem gewissen Grund. Als aufmerksame Leser wissen Sie ja, dass ich den Winter mag. Und meine Gründe sind nicht von der Hand zu weisen. Welche Ausrede ist geeigneter, als die Schuld für körperliche Trägheit und liegengebliebene Arbeit auf die Wetterbedingungen zu schieben?!
Ich gebe auch ganz offen zu, dass ich bei Möglichkeit gern mal so ein richtig fauler Sack bin. Da kommt mir dann der Winter sehr gelegen. Und auch wenn die vierte Jahreszeit natürlich für die Wirtschaft wohl sehr nachteilig ist – saisonal faulen Säcken wie ich einer bin ist das völlig schnurz. Winter ist zum Ausruhen da. Basta!
Der Winter ist auch ideal, um ohne Gewissensbisse so richtig kulinarisch zu versacken. Solange sich keine Frühjahrsblüher durch den Schnee bohren, solange keine Singvögel die nächste Jahreszeit einzwitschern – tja, solange ist Winter – und in dieser Jahreszeit macht das unkontrollierte Schlemmen noch richtig Spaß. Letztes Wochenende gab es bei mir noch einmal Ente. So eine richtige Ente – gefüllt, gebraten in der Röhre, dazu Thüringer Klöße und Pflaumenknödel, mit deftigem Grünkohl und leckerem Apfelrotkohl. Ja, so schön kann der Winter sein. Man muss schließlich die spezifischen Vorteile der aktuellen Jahreszeit nutzen.
Mit anbrechendem Frühling ist das Rumhängen und Rumfuttern dann vorbei. Da erwischt man sich dann bei Gedanken, die einem die Faulheit und die Fresslust vermiesen können. Passt denn das „kleine Schwarze“ (Badehöschen) auch in der kommenden Sommerperiode noch über das Hüftchen? Sollte man das Fahrrad wieder hervorholen, sollte man sich wirklich an frischer Luft sportlich betätigen? Das sind so blöde Fragen, die im Frühling eigentlich keiner Beantwortung bedürfen. Man muss eben. Frühling ist nicht zum Ausruhen da. Basta!
Obwohl der Winter auch viel ruhiger und unblutiger ist als der Frühling. Besonders für Kröten. Sie wissen nicht, was ich meine? Also, wenn die milden Temperaturen in Deutschland Einzug halten, startet die Nordic Walker- und die Krötenwanderung zeitgleich. Die Kröten sind harmlos, aber diese Nordic Walker haben es faustdick hinter ihren ohrenschützenden Stirnbändern. Sie treten meist in kleinen aggressiven Grüppchen auf, die eine sportliche Betätigung vortäuschen. Vorsicht: Nordic Walker sind bewaffnet, tückisch und mordlustig!
Nicht umsonst appelliert alljährlich der Europäische Tier- und Naturschutzbund an alle laufbegeisterten Nordic Walker, sie sollen doch bitte nicht die Kröten aufspießen. Ja, Sie haben richtig gehört. Die Nordic Walker sind mittlerweile der natürliche Feind jeder Stadt- und Landkröte. Mit ihren hochgradig gefährlichen Stichwaffen machen sie die Gegenden unsicher und richten wohl mancherorts ein krötenpopulationsbedrohendes Blutbad an. Und auch in diesem Jahr wird es wohl wieder ein furchtbares Gemetzel geben. Die statistische Zahl der blutigen Krötenpfählungen der letzten Jahre könnte weit überschritten werden.
Doch zum Glück ist der Frühling noch nicht da. Genießen Sie noch ein paar faule und kulinarische Tage. Genießen Sie die verbleibende Zeit, bevor der blutige Frühling Einzug hält!

„Blutiger Frühling“ ist im Januar 2009 erschienen und wurde 2014 im Buch „So gesehen“ veröffentlicht.

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