Von Michael Hauke

Glaubt man dem Statistischen Bundesamt, so sinkt die Inflationsrate Monat für Monat. Lag sie im Januar und Februar dieses Jahres noch bei jeweils 8,7%, so fiel sie im September auf 4,5% und im Oktober auf 3,8%.
Die sinkende Inflationsrate bedeutet nicht, dass das Leben günstiger wird, sondern nur, dass es nicht mehr ganz so schnell teurer wird, wie noch zum Jahresanfang. Schnell haben wir Deutsche uns an Inflationsraten gewöhnt, die wir vor der Euro-Einführung nur aus Südeuropa kannten. Drei Jahrzehnte lang lag die Inflation in Deutschland bei null bis zwei Prozent. Nun der rasante Anstieg. Allein seit 2020 sind die Lebenshaltungskosten laut Verbraucherpreisindex offiziell um 17,8% gestiegen. Das ist nicht von Pappe.
Wenn Ihnen die offizielle Angabe trotzdem zu gering vorkommt, dann könnte das an klitzekleinen Tricks der Bundesstatistiker liegen. Eine gewisse Skepsis ist immer angebracht, wenn der Staat mit seiner Politik Schaden für die Bürger anrichtet und seine eigenen Ämter und Behörden dann die Folgen berechnen lässt. Meistens kommt raus: Alles halb so wild, alles nicht so schlimm. Die vom Paul-Ehrlich-Institut gezählten (oder besser: verschleierten) Impfnebenwirkungen sind dafür ein Paradebeispiel.
Das Schönrechnen der Inflationsrate funktioniert etwas anders. Das Statistische Bundesamt greift dafür auf den sogenannten „Warenkorb“ zurück. Wie dieser sich zusammensetzt und vor allem, wie der Inhalt gewichtet wird, entscheidet das Bundesamt. Bei über 700 Gütern und Dienstleistungen wird es etwas unübersichtlich. Aber die vereinfachte Regel heißt: Wird etwas deutlich teurer, wird es nicht mehr so stark gewichtet. Günstige Produkte werden hingegen stärker gewichtet. Auch wenn dieser Ansatz manipulativ klingt, ist der Gedanke, der dahinter steckt, nicht ganz unlogisch. Wenn etwas teurer wird, wird es nicht mehr so häufig gekauft und muss deswegen geringer gewichtet werden. Bei Preissteigerungen im Bereich Wohnen/Energie ist das allerdings alles andere als logisch. Explodieren die Mieten und die Nebenkosten, kann der Bundesbürger nicht einfach weniger wohnen. Und trotzdem hat das Statistische Bundesamt das von einer extremen Teuerung betroffene „Wohnen/Energie“ zu Jahresbeginn deutlich geringer gewichtet – sein Anteil im Warenkorb wurde von 32,5% auf 25,9% reduziert. Hopplahopp fällt auch die Inflationsrate. Wenn die Inflationsrate um Himmels willen einstellig bleiben muss, dann bekommen das die besten Statistiker des Landes auch hin.
Aber dass alles irgendwie teurer geworden ist, ist natürlich nicht ganz zu leugnen. Als Hauptgrund wird stets der „Russische Angriffskrieg in der Ukraine“ genannt. Richtiger wäre: es waren die deutschen Russland-Sanktionen, die alles schlagartig teurer gemacht haben.
Es war die deutsche Politik, die entschieden hat, keine russischen Güter mehr ins Land zu lassen. Es war die deutsche Politik, die entschieden hat, kein russisches Gas und Öl mehr abzunehmen – um „Russland zu ruinieren“, wie sich Außenministerin Baerbock ausdrückte. Es sind die Sanktionen, weshalb die Lebenshaltungskosten so explodiert sind – sie ruinieren tatsächlich Deutschland. Weil das mehr und mehr Wählern dämmert, heißt es nun immer öfter, Putin habe den Gashahn zugedreht. Ein neues Narrativ. Und über die Zerstörung der Nordstream-Leitungen wird lieber kein Sterbenswörtchen verloren. Der Aufklärungswille der Bundesregierung deckt sich mit den Erinnerungen des Kanzlers an seine Cum-Ex-Verwicklungen: nicht vorhanden.
Im kommenden Jahr wird das Statistische Bundesamt wieder alle Hände voll zu tun haben, wenn es um die Berechnung der Inflationsrate geht. Denn die Bundesregierung tut alles Denkbare, um die Teuerung weiter nach oben zu treiben. Offizielle Begründung ist die Klimarettung.
• Bereits in drei Wochen, am 1. Dezember, erhöht der Staat die LKW-Maut um bis zu 83,2%. Pro Tonne CO2 werden weitere 200 Euro auf die Maut aufgeschlagen. Viele Spediteure sind verzweifelt, aber bezahlen muss es am Ende der Verbraucher. Denn eine solche Steigerung wird natürlich auf die transportierten Produkte umgelegt werden.
• Der CO2-Preis („CO2-Steuer“) wird am 1. Januar um satte 33,3% angehoben – von 30 Euro auf 40 Euro pro Tonne. Alle konventionellen Energieträger werden von der Politik dadurch erneut drastisch verteuert. Das betrifft Heizen, Tanken, Strom, Flugreisen und sogar die Abfallentsorgung, denn erstmalig gilt der CO2-Preis auch für die Verbrennung von Abfall, hauptsächlich der Gelben Säcke, was seit Jahrzehnten zur Energiegewinnung genutzt wird. Es ist gesetzlich festgelegt, dass die CO2-Preise Jahr für Jahr weitersteigen. Im Jahr darauf werden wir bei mindestens 50 Euro pro Tonne liegen.
• Weil die CO2-Steuer-Erhöhung offensichtlich nicht happig genug ist, wird auch die Mehrwertsteuer auf Gas zu Jahresbeginn von 7% auf 19% angehoben, was das Heizen für die meisten Menschen in Deutschland noch einmal zusätzlich im zweistelligen Prozentbereich verteuern wird.
• Die Mehrwertsteuer auf Speisen in der Gastronomie wird ebenfalls von 7% auf 19% angehoben. Der klassischen Gastronomie in Deutschland, die seit den Lockdowns mit großen Schwierigkeiten zu kämpfen hat, steht eine weitere Herausforderung bevor, denn die Wirte werden die Steuererhöhung auf ihre Gerichte umlegen müssen und damit Gäste verlieren. Der Restaurantbesuch wird in Deutschland erneut deutlich teurer. Für Außer-Haus-Verkäufe bleibt der Mehrwertsteuersatz übrigens bei 7%, wovon insbesondere die Fastfoodketten profitieren, die mit „Drive-In“ und „Take-Away“ nicht betroffen sind.
Die Mehrwertsteuer auf Gas und Gastronomie war von der Regierung wegen der Krisen vorübergehend gesenkt worden, was nun wieder rückgängig gemacht wird. Es ist der deutsche Staat selbst, der mit diesen Erhöhungen die Inflation immer weiter anfeuert. Denn er braucht Geld.
Die „Welt am Sonntag“ hat recherchiert, dass die Masseneinwanderung allein in diesem Jahr rund 50 Milliarden Euro kosten wird. Im vergangenen Jahr waren es auch schon 42 Milliarden.
Die Mehrwertsteuererhöhung in der Gastronomie soll nach Schätzung des Finanzministers rund drei Milliarden Euro für den Bundeshaushalt bringen. Die drastischen Erhöhungen der Maut und des CO2-Preises sowie die Mehrwertsteuererhöhung für Gas sollen einen weiteren zweistelligen Milliardenbetrag in die Kassen spülen. So etwas nennt man Gegenfinanzierung. Offiziell geht es ums Klima.
Aber es reicht alles vorn und hinten nicht. Während das Statistische Bundesamt die Staatsschulden zum Ende des vergangenen Jahres mit 2,368 Billionen Euro angegeben hat, liegt der tatsächliche Fehlbetrag um mehr als sieben Mal (!) so hoch. Die offizielle Staatsverschuldung addiert lediglich die Schulden von Bund, Ländern und Gemeinden, was schon vernichtend genug ist. Dass sie aber deutlich höher liegen muss, wird klar, wenn man sich die Verpflichtungen der Sozialkassen ansieht. Das liegt an den bestehenden Leistungszusagen der Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung. Ein Team um den Finanzwissenschaftler Bernd Raffelhüschen errechnet für die Stiftung Marktwirtschaft jedes Jahr die sogenannte Generationenbilanz. Diese kommt auf einen Fehlbetrag von 17,3 Billionen Euro. Das ist viereinhalb Mal so viel wie die gesamte jährliche deutsche Wirtschaftsleistung. „Jeder muss also 4,5 Jahre arbeiten und alles an den Staatshaushalt abführen, erst dann sind wir die Lücke los“, veranschaulicht Bernd Raffelhüschen das Desaster.
In dieser Generationenbilanz wird allerdings mit sehr optimistischen Annahmen gerechnet, zum Beispiel, dass jedes Jahr 290.000 Menschen nach Deutschland zuwandern, die alle sofort in Arbeit kommen. Die Realität sieht jedoch völlig anders aus. Allein im Jahr 2022 zogen 2,67 Millionen Menschen nach Deutschland, während 1,2 Millionen wegzogen. In diesem Jahr werden die Zuwanderungszahlen weitaus höher liegen. Die Sozialkassen haben in Wahrheit also noch viel mehr Menschen zu versorgen, die niemals auch nur einen Beitrag eingezahlt haben und es in sehr vielen Fällen auch niemals tun werden. Die unvorstellbare Schuldensumme von 17,3 Billionen Euro dürfte also eher vorsichtig geschätzt sein.
Um einen Staatsbankrott abzuwenden, wird der deutschen Politik nichts anderes übrigbleiben, als die Sozialabgaben und die Steuern deutlich zu erhöhen. Spätestens nach der nächsten Bundestagswahl werden die SV-Beiträge, sowie die Lohn- und Einkommensteuer nach oben gehen. Die Grundsteuer sowieso.
Der Vorteil für das Statistische Bundesamt liegt auf der Hand. Keine dieser Belastungen zählt in den Warenkorb. Die Lebenshaltung wird zwar deutlich teurer werden, weil noch weniger Netto vom Brutto verbleibt, aber die Inflationsrate wird dadurch nicht erhöht. Dafür wenigstens müssen die kreativen Statistiker nicht erneut die Gewichtung ihres Warenkorbes verändern.

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