von Jan Knaupp
Eigentlich beabsichtigte ich heute mal so einen fetten journalistischen Knüller zu bringen. So ein richtig dickes Ding, welches die kriminellen Verstrickungen von Gesundheitspolitik mit der Pharmaindustrie aufzeigt und staatsgeduldete Korruptionsaffären beleuchtet. Ich wollte die Bedrohung der Absenkung des Grundwasserspiegels durch neue Wirtschaftsstandorte in Wasserschutzgebieten anprangern und die staatlich legitimierte Umweltverschmutzung öffentlich machen. Ich hatte im Sinn, knallharten Diskussionsstoff zu „#MeToo“, „Fridays for Future“, zum Gendern, über „männlich/weiblich/divers“ oder auch zu dieser fehlgeleiteten „Cancel Culture“ abzuliefern.
Ich wollte aufzeigen, wie die offene Debattenkultur in diesem Land durch Zensur, Diskredition und falsche Empörung leidet, wie sehr die Meinungsvielfalt bedroht ist, wie der Demokratie geschadet wird.
Doch daraus wird leider nichts. Schuld ist das Wetter. Warum? Keine Ahnung! Das ist doch auch egal. Wenn man über das Wetter schimpfen will, sollte man es immer sofort tun, da sich das Wetter schnell ändern kann. Ins Meckern sollte auch unbedingt die Jahreszeit einbezogen werden. Warum? Das ist eben so – Basta! Los geht‘s mit der Nörgelei!
Jetzt ist der Frühling da. Leider auch nicht so, wie ich ihn mir wünsche. Dabei möchte ich endlich mal wieder durch matschige Pampe latschen. Doch dafür ist es meist viel zu warm und zu trocken. Statt der lauen Lüfte peitschen Saharastürme über‘s Land.
Trotzdem ist der Frühling sehr beliebt (außer bei den Allergikern). Alles wächst und gedeiht, es zwitschert und tiriliert um einen herum, so dass man kaum sein eigenes Wort versteht. Außerdem riecht es überall so toll. Es duftet nach Krokus, Tulpe, Narzisse und auf den Feldern nach Jauche und anderem Naturdung. Ach, der Lenz ist so berauschend.
Obwohl, meine Jahreszeit ist dann wohl eher der Sommer. Den habe ich so richtig lieb. Im Sommer kann man das ganze Wochenende draußen arbeiten. Zu tun gibt es immer. Und was ist schöner, als an einem warmen Sommerabend total kaputt und mit zerschundenen Knochen in einen traumlosen Schlaf zu fallen? Überhaupt, der Sommer ist klasse. Was gibt es tolleres, als mit heruntergelassenen PKW-Scheiben relaxt durch die Gegend zu düsen, um sich dann vollkommen cool eine Bindehautentzündung einzufangen? Zudem schwitze ich auch total gern. Dieser animalische Geruch, den so ein nasskaltes T-Shirt verströmt, ist mit nichts zu vergleichen. Ja, der Sommer ist mein Favorit. Angebranntes Grillfleisch, Rasen mähen, Sonnenbrand, Mückenplage – das alles versüßt uns die Sommerzeit.
Aber vielleicht wird die Sommerzeit auch überbewertet. Der Herbst ist toll! Da kann man dann die Außer-Haus-Tätigkeiten herunterfahren und liegengebliebene Arbeiten auf das Schmuddelwetter schieben. Der Herbst ist wohl mit Abstand die schönste Jahreszeit. All die bunten Blätter, die friedlich zu Boden sinken, um dort langsam zu vergammeln. Im Herbst geht mir nur das Problem mit der Klamottenauswahl auf die Nerven. Mal friert man, dann schwitzt man wieder, mal werden die Haare nass, mal die Schuhe feucht. Irgendwie hat man immer die falsche Garderobe ausgesucht. Aber egal, der morgendliche Nebel und die rauhreifglatten Straßen sind Entschädigung genug. So richtig schön ist der Herbst ja dann doch nicht.
Eigentlich mag ich den Winter sehr. Aber nur, wenn der Winter wie Winter aussieht und sich auch so anfühlt – schneeweiß und arschkalt. Im Winter wird es immer so gemütlich. Man kann im Außenbereich kaum noch arbeiten, nach der Befestigung der weihnachtlichen Außenbeleuchtung ist Schicht im Schacht. Man(n) hofft auf Schnee zur Abdeckung der liegengebliebenen Frühlings-, Sommer- und Herbstprojekte. Die Freifeiertage sind fester Bestandteil der Urlaubsplanung. Man kann sich an nutzlosen Weihnachtsgeschenken erfreuen, bewegt sich seltener und nimmt in der Regel so zwei bis drei Kilo zu. Klamottentechnisch muss man jetzt auch nicht mehr nachdenken. Alles ist wirklich total schön. Bis dann wieder so ein Idiot um die Ecke kommt und meckert: Schuld ist das Wetter!
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