Aus Anlass des 80. Geburtstages von Günter Bohr
Günter Bohr, Gründer und langjähriger Leiter des Fürstenwalder Heimattiergartens ist am 10. November 80 Jahre alt geworden. Aus diesem Anlass halten wir Rückschau auf die Entstehung und Entwicklung des FürstenwalderTierparks.
Die Idee für einen Heimattiergarten in Fürstenwalde hatte Günter Bohr, Bürger der Stadt Fürstenwalde, bereits 1969. Als Hobby-Ornithologe hatte er Kontakt zum Tierpark Berlin, und hier kam auch der Gedanke auf: Warum sollte man nicht in Fürstenwalde einen kleinen Tierpark, einen Heimattiergarten, errichten.
Am 10. Juni 1969 unterbreitete Günter Bohr dem Rat der Stadt dazu den Vorschlag, im Stadtpark einen Heimattiergarten einzurichten. Auch über die regionale Presse ging er in die Öffentlichkeit – mit dem Erfolg, dass er in Betrieben und in der Bevölkerung Fürsprecher und Mitstreiter fand.
So bauten die AG Ornithologie, die FDJ-Grundorganisation des VEB CTA und die Berufsausbildung des BMK im Stadtpark nahe der Freilichtbühne drei Volieren für Jagdfasane, Mäusebussarde, Waldohreulen und Waldkäuzchen.
Von der Öffentlichkeit wurde die kleine Anlage freudig aufgenommen und bald die Forderung laut, einen Heimattiergarten zu errichten. Doch bevor der Tierparkenthusiast Günter Bohr den Verantwortlichen einen entsprechenden Beschluss abringen konnte, folgten noch etliche Briefe und Gespräche.
Erst mit dem Bürgermeisterwechsel 1971 wurde der Vorschlag zur Realität. Der neue Bürgermeister, Johannes Ulbricht, wurde einer der wichtigsten und aktivsten Unterstützer für den Aufbau eines Heimattiergartens!
Da es seitens der übergeordneten Organe keine Unterstützung gab, war es ihm zu verdanken, dass die benötigten finanziellen Mittel z.B. für den Ankauf von Futter, für die Lohnkosten der Tierpfleger sowie u.a. für Material bereitgestellt wurden. Erreicht werden konnte das durch Kommunalverträge der Stadt mit ortsansässigen Betrieben.
Dann kam am 11. November 1974 der bedeutsame Beschluss der Stadtverordneten zum Aufbau eines Heimattiergartens in Fürstenwalde.
Für den künftigen Tierpark wurde der nordwestliche Teil des Stadtparks vorgesehen. Da Günter Bohr bereits eine aussagekräftige Konzeption über Tierbestand, tiergärtnerische Anlagen und Wegesysteme erarbeitet hatte, konnte sofort mit den bauseitigen Vorbereitungen begonnen werden.
Die Begeisterung von Günter Bohr für sein Vorhaben war ansteckend. Stadt, Betriebe und Ehrenamtliche halfen in den folgenden Monaten, so dass am 5. Oktober 1975 Bürgermeister Johannes Ulbricht bereits den ersten Bauabschnitt der Öffentlichkeit übergeben konnte.
In der Folgezeit wurde fast täglich, auch abends bei Scheinwerferlicht, am weiteren Ausbau gearbeitet.
Günter Bohr hatte eine ständige Feierabendbrigade gewinnen können, aber auch viele Ehrenamtliche waren immer wieder auf dem Bau anzutreffen. So entstanden bereits im Folgejahr weitere Gehege und Volieren.
Schließlich gab es noch ein historisches Datum in der „Frühgeschichte“ des Heimattiergartens:
Am 12. Oktober 1976 fand die Tagung der Heimattiergärten der DDR unter der Leitung des legendären Berliner Tierpark-Direktors Prof. Dathe statt. Der junge, im Aufbau befindliche Fürstenwalder Heimattiergarten erhielt auf dieser Tagung quasi seinen Ritterschlag von den Fachleuten, der Berliner Tierpark wurde für Fürstenwalde Konsultationszoo.
Auf dieser Tagung sagte Prof. Dathe: „Hier gebe ich meine Tiere gerne hin!“ Diesen Worten folgten bald Taten und Fürstenwalde erhielt zahlreiche auch vom Aussterben bedrohte Greifvögel und Eulen als Dauerleihgabe.
Durch erfolgreiche Nachzuchten machte sich der Fürstenwalder Heimattiergarten gegenüber seinem Konsultanten wieder ehrlich und gab etliche Tiere davon an den Berliner Tierpark ab.
So glückte in Fürstenwalde u.a. die Nachzucht bei den Seeadlern – damit war Fürstenwalde die erste tiergärtnerische Einrichtung in der DDR, in der Seeadler erfolgreich gezüchtet wurden.
Nennenswerte Zuchterfolge gab es auch bei den Wisenten und bei den Przewalski-Urwildpferden. Mit beiden Arten war Fürstenwalde am Europäischen Erhaltungszuchtprogramm beteiligt.
Auch für die Auswilderungsprojekte Luchs und Steinkauz wurden Tiere abgegeben.
Mit dem ehrenamtlichen Elan und der Unterstützung der Fürstenwalder Betriebe wurde die Aufbauarbeit fortgesetzt. 1978 war der Heimattiergarten entsprechend seiner
Grundkonzeption fertig gestellt. Und auf Grund der züchterischen Erfolge und der Unterstützung des Berliner Tierparks konnte der Tierbestand ständig weiter ausgebaut werden.
Günter Bohr, der den Tiergarten bisher ehrenamtlich leitete, wurde 1978 auf Empfeh-
lung von Prof. Dathe zum hauptamtlichen Leiter des Tiergartens berufen. Im Jahr 1988 wurde er für sein Engagement mit der Ehrenurkunde der Stadt Fürstenwalde ausgezeichnet.
Dann kam das Jahr 1990, die Wende mit ihren politischen und wirtschaftlichen Veränderungen. Der Heimattiergarten gerät in finanzielle Schwierigkeiten, die Weiterentwicklung ist zunächst ungewiss.
1991 gründete Günter Bohr den Förderverein e.V. des Heimattiergartens. Zur Gründungsversammlung kamen 82 Bürger. Die gaben den Mitarbeitern die Kraft, den Heimattiergarten weiter zu entwickeln. Denn sie wussten jetzt, dass sie im Kampf um den Erhalt des Heimattiergartens nicht allein dastehen. Zum 1. Vorsitzenden des Fördervereins wurde Tierarzt Dr. Einhorn gewählt.
Die Mitgliederzahl des Fördervereins stieg weiter an. Mit ihrer Hilfe und der vieler weiterer Freiwilliger konnte die Entwicklung fortgesetzt werden.
Das Jahr 1992 begann mit der Entlassung des Heimattiergartens durch die Stadt in die Freie Trägerschaft. Am 1. März 1992 übernahm der Förderverein den Tiergarten.
1993 kamen bereits weitere Anziehungspunkte hinzu. Das Tierpark-Café und die Zooschule wurden eröffnet. Für die kleinen Tiergartenbesucher wurde durch eine finanzielle Spende des Architektur- und Ingenieurbüros Jürgen Schütte ein Spielplatz errichtet. Durch den Technischen Leiter des Heimattiergartens, Peter Grabert, wurde er schrittweise erweitert.
Peter Grabert ist übrigens ein Mitarbeiter der ersten Stunde! Angefangen hat er in der Aufbauphase als Mitglied der Feierabendbrigade, dann war er einer der ersten hauptamtlichen Mitarbeiter. Viele Anlagen im Tiergarten tragen seine Handschrift. Das Architektur- und Ingenieurbüro Jürgen Schütte übernahm auch die Anfertigung von Bauzeichnungen für Großobjekte wie die o. g. Tierpark-Cafe und Zooschule sowie für das Heizhaus und das Kassen- und Eingangsgebäude.
1996 wurde Wolf-Dieter Erdmann zum neuen Vorsitzenden des Fördervereins gewählt. Durch seine beruflichen Kontakte war er den Mitarbeitern eine große Hilfe bei der Gestaltung weiterer Anlagen.
Um das Interesse am Tierpark ständig wach zu halten, wurde die Öffentlichkeitsarbeit erweitert, indem folgende Veranstaltungen eingeführt wurden: Das monatliche Tierparkgespräch im regionalen Fernsehen „Oskar TV“, die monatliche Gesprächsrunde im Tierparkcafe mit dem Vorsitzenden des Fördervereins Wolf-Dieter Erdmann und Geschäftsführer Günter Bohr, Tierparkführungen für Gruppen und die Tierparkfeste (Winterfest, Sommerfest, weihnachtliches Markttreiben am 1. Advent).
So konnte die ungewisse Zukunft mit Hilfe vieler überwunden werden!
Der Heimattiergarten entwickelte sich weit über den einst geplanten Tierbestand hinaus und wurde zum beliebten Ausflugs- und Freizeitziel in Fürstenwalde und Umgebung und zu einem Anziehungspunkt für Touristen.
Nach dreißig Jahren seines Bestehens wurde in der Geschäftsführung des Heimattiergartens eine Trennung des zoologischen und des ökonomischen Bereichs – bisher in einer Hand – vorgenommen. Der bisherige Geschäftsführer Günter Bohr ging 2005 in den verdienten Ruhestand. Neuer Geschäftsführer wurde der Agraringenieur Uwe Drewitz, Zoologische Leiterin wurde Katrin Kiesewetter, vorher Reviertierpflegerin.
Die Stadt Fürstenwalde bedankte sich bei Günter Bohr für sein Engagement für die Gründung und Entwicklung des Heimattiergartens und damit für sein Lebenswerk mit dem Ehrenpreis der Stadt, dem „Goldenen Raben“.
Die FW gratuliert Günter Bohr von Herzen zum 80. Geburtstag und zu seinem Lebenswerk!